Arbeitskreis Archäologie: Ausgrabungen in der Altstadt (1998)

Aus AG Archäologie Fürth
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Erschienen im Altstadtbläddla 33 (1998/1999) von Thomas Werner (überarbeitete Fassung)

Als im vergangenen Jahr auf An­regung des Altstadtvereins mit Hilfe der benachbarten Anwoh­ner eine Begrünungsaktion auf dem Grundstück des Anwesens Pfarrgasse 1 (Grabungsbericht) durchgeführt wer­den sollte, machte Vereinsmit­glied Eugen Schneider den Vor­schlag, die Gosse zwischen den Häusern aufgrund einer deutlich abgelagerten Schichtung ar­chäologisch zu untersuchen. Für dieses Unternehmen konnte durch Vermittlung von Ralf Röder, der durch sein Amt in Fürth die untere Denkmalschutzbehör­de vertritt, Thomas Werner zur Mitarbeit gewonnen werden, der in Göttingen Ur- und Frühge­schichte studierte und bereits bei archäologischen Untersu­chungen während des Umbaus des ehemaligen Knabenschulgebäudes am Kirchenplatz (Grabungsbericht) sowie an der Max­brücke-Schlachthofseite (Grabungsbericht) mitge­wirkt hat. Anhand der guten Zu­sammenarbeit und der ergiebi­gen Befundsituation wurde der Gedanke geboren, einen Ar­beitskreis Archäologie zu grün­den, dessen Aufgabe mit dem Vorsatz formuliert wurde, dem Verlust von im Boden befindli­chen Kulturgütern der Fürther Stadtgeschichte vorzubeugen sowie durch Dokumentation der Befunde und Analyse der gefun­denen Gegenstände das Quel­lenmaterial zur Stadtgeschichte zu bereichern.

Arbeit im Rathauskeller

Nachdem zum Jahresende von der Stadt Fürth freundlicherwei­se ein Kellerraum im Rathaus zur Verfügung gestellt und reno­viert worden war, konnte die Gruppe mit ihren bisherigen Funden dort einziehen und am 9.3.1998 die erste Zusammenar­beit dort abhalten. Als Mitwir­kende sind R. Röder, R. Schön­lein, E. Schneider, H.-P. Zum­blick, M. Hascher, A. Mayer so­wie Th. Werner zu nennen, die seitdem im vierzehntägigen Rhythmus dabei sind, die Funde zu katalogisieren und zu archi­vieren, aber auch die Bautätig­keit im Altstadtbereich im Auge zu behalten mit dem sich daraus ergebenden Ziel, die Ergebnisse dieser Arbeit in Form einer Aus­stellung einem größeren Bevöl­kerungskreis zugänglich zu ma­chen.

Funde und Ergebnisse

Neben den guten Vorsätzen und angestrebten Zielen lassen sich aber auch schon erste Ergebnis­se vorweisen: So haben die Un­tersuchungen im ehemaligen Knabenschulgebäude am Kirchenplatz durch die Aufdeckung zweier sich ge­genüberliegender älterer Funda­mentmauern die Bestätigung der Boener'schen Darstellung er­bracht, daß das Gelände auf dem abfallenden Hang zur Heiligen­straße im frühen 18. Jahrhundert bebaut war und dadurch ein Da­tierungsansatz für die aufgefun­denen Reste eines Totenkrön­chens aus dem darunter liegen­den Friedhofsbereich gegeben ist: das heißt, das hier ein relativ altes Exemplar dieser Fundgat­tung entdeckt wurde, ganz im Gegensatz zu einem zweiten Krönchen, das aus einem Fried­hofsbereich des 18. Jahrhun­derts stammt und bei der Gestal­tung des Kindergartenaußenge­ländes entdeckt worden war. Der Bestattungsbrauch, einer nicht verheirateten Jungfrau anstatt des Brautkränzchens eine Toten­krone beizugeben, ist damit nach der Zusammenstellung Schwammbergers für den Land­kreis Fürth aus den 60er Jahren auch für den Altstadtfriedhof nachgewiesen.

Keramik aus der Latrine

Ebenfalls bei den Gestaltungsar­beiten am Kindergartenaußen­gelände wurden von den Arbei­tern in einem Bereich des ehe­maligen Messnergärtchens gro­ße Mengen Keramik geborgen. Vermutlich wurde der obere Teil einer Latrine oder Kloake ange­schnitten. Von den Scherben lassen sich einige wieder zu­sammenfügen, so daß hier die einmalige Gelegenheit gegeben ist. sich einen Überblick über ei­nige Gefäßformen des Alltags von ca. 1780 zu verschaffen.

Funde in der Pfarrgasse

Ganz interessant war der Befund auf dem Anwesen Pfarrgasse 1. Hier wichen die freigelegten Fundamentreste mit Pflasterung um ca. 20 Grad von der Ausrich­tung des abgerissenen Hauses ab, in dem 1802 eine Schlosser­werkstatt eingerichtet worden war, so daß die Bebauung aus der Zeit vor Anfertigung der Bauakte dieses Hauses, also vor ca.1780, zu stammen scheint. Es konnten zwei Bauphasen be­obachtet werden, wobei der jün­gere Abschnitt einen Fußboden aus Backsteinen besaß, die noch nicht das später gültige Reichs­format aufzuweisen hatten. (Abb.) Darüber befand sich ein 5 cm dicker, festgetretener Lehm­fußboden, auf dem ein Großteil der geborgenen Funde, zwei Nachttöpfe, eine Obstschale mit Standring, zwei Milchkännchen und eine vollständig erhaltene Milchsatte, angetroffen wurden. In der Füllmasse über dem Pfla­ster waren außerdem Fragmente von Apotheken- oder Parfüm­fläschchen sowie die umgeleg­ten Ränder von Butzenscheiben zu finden. Unter dem Pflaster wurden die Fragmente von spät­barocken Ofenkacheln und Kera­mik des 18. Jahrhunderts ent­deckt. Am aufschlußreichsten waren jedoch die gefundenen Werkstattreste eines Drechslers und Knochenschnitzers als ein­maliger Befund.

Mit den bisher zusammengetra­genen Funden ist mittlerweile Materialmenge angefallen, die ausreicht, die Anfänge der Fürther Stadtarchäologie in Form einer geplanten Ausstel­lung hinreichend zu präsentie­ren.