Arbeitskreis Archäologie: Ausgrabungen in der Altstadt (1998) und Datei:147 I 1 20211027 203832.jpg: Unterschied zwischen den Seiten

Aus AG Archäologie Fürth
(Unterschied zwischen Seiten)
1.30.0>Robert Grüning
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
1.30.0>Administrator
(Administrator lud eine neue Version von Datei:147 I 1 20211027 203832.jpg hoch)
 
Zeile 1: Zeile 1:
''Erschienen im Altstadtbläddla 33 (1998/1999) von Thomas Werner (überarbeitete Fassung)''


Als im vergangenen Jahr auf An­regung des Altstadtvereins mit Hilfe der benachbarten Anwoh­ner eine Begrünungsaktion auf dem Grundstück des Anwesens Pfarrgasse 1 ([[Pfarrgasse 1 (1998)|Grabungsbericht]]) durchgeführt wer­den sollte, machte Vereinsmit­glied Eugen Schneider den Vor­schlag, die Gosse zwischen den Häusern aufgrund einer deutlich abgelagerten Schichtung ar­chäologisch zu untersuchen. Für dieses Unternehmen konnte durch Vermittlung von '''Ralf Röder''', der durch sein Amt in Fürth die untere Denkmalschutzbehör­de vertritt, '''Thomas Werner''' zur Mitarbeit gewonnen werden, der in Göttingen Ur- und Frühge­schichte studierte und bereits bei archäologischen Untersu­chungen während des Umbaus des ehemaligen Knabenschulgebäudes am Kirchenplatz ([[Kirchenplatz 2 (1996)|Grabungsbericht]]) sowie an der Max­brücke-Schlachthofseite ([[Maxbrücke (1997)|Grabungsbericht]]) mitge­wirkt hat. Anhand der guten Zu­sammenarbeit und der ergiebi­gen Befundsituation wurde der Gedanke geboren, einen '''Ar­beitskreis Archäologie''' zu grün­den, dessen Aufgabe mit dem Vorsatz formuliert wurde, '''dem Verlust von im Boden befindli­chen Kulturgütern der Fürther Stadtgeschichte vorzubeugen sowie durch Dokumentation der Befunde und Analyse der gefun­denen Gegenstände das Quel­lenmaterial zur Stadtgeschichte zu bereichern.'''
== Arbeit im Rathauskeller ==
Nachdem zum Jahresende von der Stadt Fürth freundlicherwei­se ein Kellerraum im Rathaus zur Verfügung gestellt und reno­viert worden war, konnte die Gruppe mit ihren bisherigen Funden dort einziehen und am 9.3.1998 die erste Zusammenar­beit dort abhalten. Als Mitwir­kende sind R. Röder, R. Schön­lein, E. Schneider, H.-P. Zum­blick, M. Hascher, A. Mayer so­wie Th. Werner zu nennen, die seitdem im vierzehntägigen Rhythmus dabei sind, die Funde zu katalogisieren und zu archi­vieren, aber auch die Bautätig­keit im Altstadtbereich im Auge zu behalten mit dem sich daraus ergebenden Ziel, die Ergebnisse dieser Arbeit in Form einer Aus­stellung einem größeren Bevöl­kerungskreis zugänglich zu ma­chen.
== Funde und Ergebnisse ==
Neben den guten Vorsätzen und angestrebten Zielen lassen sich aber auch schon erste Ergebnis­se vorweisen: So haben die Un­tersuchungen im ehemaligen Knabenschulgebäude am Kirchenplatz durch die Aufdeckung zweier sich ge­genüberliegender älterer Funda­mentmauern die Bestätigung der Boener'schen Darstellung er­bracht, daß das Gelände auf dem abfallenden Hang zur Heiligen­straße im frühen 18. Jahrhundert bebaut war und dadurch ein Da­tierungsansatz für die aufgefun­denen Reste eines '''Totenkrön­chens''' aus dem darunter liegen­den Friedhofsbereich gegeben ist: das heißt, das hier ein relativ altes Exemplar dieser Fundgat­tung entdeckt wurde, ganz im Gegensatz zu einem zweiten Krönchen, das aus einem Fried­hofsbereich des 18. Jahrhun­derts stammt und bei der Gestal­tung des Kindergartenaußenge­ländes entdeckt worden war. Der Bestattungsbrauch, einer nicht verheirateten Jungfrau anstatt des Brautkränzchens eine Toten­krone beizugeben, ist damit nach der '''Zusammenstellung Schwammbergers''' für den Land­kreis Fürth aus den 60er Jahren auch für den Altstadtfriedhof nachgewiesen.
== Keramik aus der Latrine ==
Ebenfalls bei den Gestaltungsar­beiten am Kindergartenaußen­gelände wurden von den Arbei­tern in einem Bereich des ehe­maligen Messnergärtchens gro­ße Mengen Keramik geborgen. Vermutlich wurde der obere Teil einer Latrine oder Kloake ange­schnitten. Von den Scherben lassen sich einige wieder zu­sammenfügen, so daß hier die einmalige Gelegenheit gegeben ist. sich einen Überblick über ei­nige '''Gefäßformen des Alltags von ca. 1780''' zu verschaffen.
== Funde in der Pfarrgasse ==
Ganz interessant war der Befund auf dem Anwesen Pfarrgasse 1. Hier wichen die freigelegten Fundamentreste mit Pflasterung um ca. 20 Grad von der Ausrich­tung des abgerissenen Hauses ab, in dem 1802 eine Schlosser­werkstatt eingerichtet worden war, so daß die Bebauung aus der Zeit vor Anfertigung der Bauakte dieses Hauses, also vor ca.1780, zu stammen scheint. Es konnten zwei Bauphasen be­obachtet werden, wobei der jün­gere Abschnitt einen Fußboden aus Backsteinen besaß, die noch nicht das später gültige Reichs­format aufzuweisen hatten. (Abb.) Darüber befand sich ein 5 cm dicker, festgetretener Lehm­fußboden, auf dem ein Großteil der geborgenen Funde, zwei Nachttöpfe, eine Obstschale mit Standring, zwei Milchkännchen und eine '''vollständig erhaltene Milchsatte''', angetroffen wurden. In der Füllmasse über dem Pfla­ster waren außerdem Fragmente von Apotheken- oder Parfüm­fläschchen sowie die umgeleg­ten Ränder von Butzenscheiben zu finden. Unter dem Pflaster wurden die Fragmente von '''spät­barocken Ofenkacheln''' und '''Kera­mik des 18. Jahrhunderts''' ent­deckt. Am aufschlußreichsten waren jedoch die gefundenen Werkstattreste eines Drechslers und [[Knochenschnitzer und Knopfmacher in Fürth|Knochenschnitzers]] als ein­maliger Befund.
Mit den bisher zusammengetra­genen Funden ist mittlerweile Materialmenge angefallen, die ausreicht, die Anfänge der Fürther Stadtarchäologie in Form einer [[Einblicke in die Fürther Stadtarchäologie|geplanten Ausstel­lung]] hinreichend zu präsentie­ren.
[[Kategorie:Publikation]]
[[Kategorie:Pfarrgasse 1]]
[[Kategorie:Maxbrücke]]
[[Kategorie:Altstadtbläddla-Artikel]]

Version vom 12. März 2023, 19:48 Uhr