Bericht der Arbeitsgruppe Archäologie 1999: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 18. Juli 2023, 23:46 Uhr

Erschienen im Altstadtbläddla 34 (1999/2000) von Thomas Werner (überarbeitete Fassung)

Auch in diesem Jahr hat die Arbeitsgruppe Archäologie mehrere Projekte in Angriff genommen und mit den vorläufigen Ergebnissen ihrer Untersuchungen einige neue Fragen zur Entwicklung und Ausdehnung des Fleckens Fürth aufgeworfen und Einblicke in die örtlich ansässige, handwerkliche Produktion gewährt.

Katalogisierung

Die Gruppe, die sich mittlerweile wöchentlich montags ab 17:30 Uhr in ihrem Arbeitskeller im Rathaus trifft und zur Zeit aus fünf ständig anwesenden Mitgliedern besteht, ist während ihrer Aufenthalte im Keller darum bemüht, Ordnung in die stetig sich vermehrende Sammlung zu bringen, Funde zu säubern, zu katalogisieren und zu restaurieren, Pläne zu vervollständigen, Fotos und Zeichnungen auszuwerten. Diese eher langweilige Arbeit wird immer dann interessant, wenn Fundstücke von verschiedenen Fundstellen eine gewisse verwandtschaftliche Beziehung zueinander verraten und dadurch den Eindruck erwecken, für einen bestimmten Zeithorizont besonders charakteristisch zu sein. So konnte beispielsweise in der Eckgestaltung (Abb,) einer immer wieder auftretenden spätbarocken Blattkachel ein Motiv erkannt werden, das sich auch im Bandelwerkstil unserer gleichzeitigen Stuckdecken (Königstr. 77) wiederfindet. Der Ursprung wird aber sicherlich nicht dort zu suchen sein, dazu sind die barocken Elemente zu weit gestreut. Auffällig ist jedoch, dass eine ähn­liche Eckgestaltung auf niederländischen Fliesen der Mitte des 17. Jahrhunderts zu finden ist und dort als „Ochsenkopf" bezeichnet wird, der eine Stilisierung der französischen Lilie sein soll. Lässt sich etwa in diesem Eckmotiv einer ganz normalen Ofenkachel ein kleines kulturelles Mitbringsel unserer holländischen oder fland­rischen Einwanderer des späten 17. Jahrhunderts (Van Lierd, De Venne) erkennen, die sich aus religiösen Gründen in Fürth nieder­gelassen haben?

Besucher

Erfreulich war in diesem Jahr, dass wir erstmalig auch Besucher in unserem Keller begrüßen konnten. Den Anfang machte der Leiter der Urgeschichtsabteilung im Germanischen Nationalmuseum, Herr Dr. phil. Tobias Springer, der anläßlich eines vom Geschichtsverein organisierten Vortrags im Kasino der Stadtsparkasse durch Gespräche Interesse an unserer Arbeit zeigte und uns am Montag, dem 14.6.1999 im Keller aufsuchte. Es folgte Herr Lammerer aus Gebersdorf, der in seinem Garten verschiedene Funde gemacht hatte und uns seine Schätze ein­mal vorstellen wollte. Bemerkenswert aus seiner Sammlung war das Köpfchen einer Kruselerfigur des 15. Jahrhunderts und ein vollständig erhaltener, zeitloser Spinnwirtel. Am 6.7.1999 besuchte der Leiter der Außenstelle Nürnberg des Landesamtes für Denkmalpflege, Herr Dr. phil. Robert Koch, unsere Grabungsstelle in der Kreuz­straße und begutachtete die geborgenen Funde, die bereits im Keller deponiert waren. Zu danken ist an dieser Stelle auch Herrn Architekt Holger Schatz. der bei Umbauarbeiten in der Pegnitzstr. 25 aufgefundene Keramik sicherstellte und im Keller ablieferte. Es handelte sich zwar ausschließlich um Material des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, doch sind die Stücke selbst bedeutsam: 3 ca. 40 cm hohe Steinzeuggefäße zur Aufbewahrung von Tinte oder Druckerschwärze, 2 vollständig erhaltene, alte Bocksbeutel, einige Medizinfläschchen und Fragmente von Mineralwasserkrügen mit interessanten Stempeln.

Grabungen

Besondere Aufmerksamkeit zog die Arbeitsgruppe bei ihren inner­städtischen Grabungen auf sich, die aufgrund der lokalen Presseberichte nicht unerheblich war. Noch bevor Bagger und Baukräne anrückten, konnte die Gruppe auf dem Gelände der Anwesen Wilhelm-Löhe-Str. 18 und Schießplatz 2 zu Beginn des Jahres zwei Suchschnitte öffnen, um mögliche Aufschlüsse über frühe Siedlungsspuren in diesem Fluß nahen Bereich zu erhalten. Zwar mussten hier die Arbeiten frühzeitig abgebrochen werden, doch ließen sich ein mehrschichtig aufgeschüttetes Podium als Standort des Vorgängerbaues von Wilhelm-Löhe-Str. 18 und Reste der alten Gartenmauer des Lochnerschen Hesperidengartens beobachten. An Funden ist erwähnenswert die zeitbestimmende Keramik (Abb.), eine Gürtel- oder Buchschließe aus Buntmetall (Abb.) und ein gedrechselter Knochenknopf, der sich genau in die Werkstattreste der Pfarrgasse einpassen ließ und sich damit als Produkt der Werkstätte des frühen 18. Jahrhunderts an dieser Fundstelle zu erkennen gab.

Aufgrund von Umbauarbeiten an der Pfarrscheune zum neuen Gemeindezentrum St. Michael erhielt die Arbeitsgruppe Gelegenheit, den Hofbereich zwischen Pfarrscheune und Gemeindehaus archäologisch zu untersuchen. Obwohl hier der Untergrund bereits erheblich für Kanal- und Versorgungsleitungen gestört war, konnten dennoch einige Strukturen, ein Pfostenloch und zwei Gruben unbestimmter Zeitstellung sowie eine schräg einfallenden Lehmwanne im Boden beobachtet werden. An der Kante eines vom Bagger bereits abgegrabenen Bereichs konnte das unregelmäßige Profil einer mittelalterlichen Grube dokumentiert werden, die auch die entsprechende Keramik enthielt. Damit haben wir neben dem Schulhaus am Kirchenplatz die zweite Fundstelle, an der das mittelalterliche Fürth direkt greifbar ist.

Zwischen dem 26.6. und dem 10.7.99 war die Gruppe auf dem Anwesen von Herrn Schmitz Kreuzstr. 2 (Grabungsbericht) bis 4 (Grabungsbericht) tätig. Bereits im vergangenen Jahr hatte uns Herr Schmitz Keramikscherben in den Keller gebracht, die er beim Ziehen eines Kanalgrabens auf seinem Grundstück gefunden hatte. Auffällig unter diesen Funden war eine Rand- und eine Bodenscherbe von mittelalterlicher Machart, die sich leicht in das ottonisch-salische Formenspektrum einordnen ließen. Bevor Herr Schmitz mit der Umgestaltung des Grundstückes anfing, nutzte die Arbeitsgruppe sein Angebot, die Fundsituation der mittelalterlichen Scherben zu un­tersuchen. Die Überraschung war groß, denn noch am 1. Grabungstag zeigte sich, dass der Graben eine mittelalterliche Grube durchfahren hatte, die dann Stück für Stück freigelegt werden konnte. Neben der Erkenntnis, dass sich offensichtlich die mittelalterliche Siedlungsfläche bis in die Kreuz­straße ausgedehnt hat, war die Beobachtung interessant, dass die mittelalterliche Stelle starken Störungen ausgesetzt war, schließlich brach lag und dann bis ins 16. Jahrhundert als Ackerland genutzt wurde, um dann von einer erneuten Ausdehnung der Fürther Siedlungsfläche wieder eingeholt zu werden. Leider konnte der Befund in seinen Ausmaßen nicht erfasst werden, so dass die Funktion der Grube unklar blieb. An Funden sind einige Webgewichtsfragmente, wellenbandverzierte Keramik und die verschiedensten Tierknochen zu erwähnen.

Am 2.10. und 9.10.99 wurde im Hinterhof des Anwesens Königstr. 49-53 (Grabungsbericht) ein erster Profilschnitt angelegt und bis zum gewachsenen Boden abgetieft, um der Anlage eines Gartenteiches zuvor zu kommen. Bemerkenswert an diesem Aufschluss ist, dass der von der Königstraße erschlossene Hof im 16, Jahrhundert mit Sand aufgefüllt worden ist und sich damit im Niveau vom Nachbargrundstück, das in die Gustavstraße führt, deutlich unterscheidet. Zugeschüttet und eingeebnet wurde damit auch eine Grube, die in den gewachsenen Sand eingetieft war und einige Zeit offen gewesen sein muss. Sedimente der natürlichen Erosion waren im Bodenbereich abgelagert. Ihre Funktion blieb unklar, aber wenn sie als Sandentnahmegrube angesprochen wird, liegt man bestimmt nicht falsch.

Ausstellung

Zusammen mit Mitgliedern des Geschichtsvereins hat die Arbeitsgruppe vom 7. bis 19.6.99 im City Center die Ausstellung „Einblicke in die Fürther Stadtarchäologie" präsentiert (Abb.). Im Rahmen dieser Präsentation konnten erstmals folgende Themen und Funde zur Fürther Handwerker-, Gewerbe- und Sozialgeschichte der Öffentlichkeit vorgestellt werden: Frühe Brückenbauten des 15. Jahr­hunderts im Bereich der Maxbrücke, das Hafnerhandwerk, der volkstümliche Bestattungsbrauch mit der Beigabe einer Totenkrone, die Glasfunde, das bis dahin bekannte mittelalterliche Fürth, der örtliche Tabakgenuss des 18. Jahrhunderts, verschiedene Kleinfunde, der Brunnenfund der Helmstraße, die Knopfmacherwerkstatt des 18. Jahrhunderts aus der Pfarrgasse, die Auswertung von Luftbildern und die Ergebnisse einer Flurbegehung auf dem Hainberggelände.


Mit diesem kleinen Überblick aus dem Untergrund der Altstadt möchten wir jeden Interessierten einladen, uns in unserem Arbeitskeller im Rathaus aufzusuchen, um Fotos oder Funde aus der Fürther Altstadt anzusehen.