Die Suche nach der Martinskapelle

Aus AG Archäologie Fürth

Erschienen im Altstadtbläddla 43 (2009/2010) von Thomas Werner (überarbeitete Fassung)

Geomagnetometeruntersuchung

Die Untersuchungen der AG Archäologie zielen darauf ab, die heute noch im Boden befindlichen Strukturen im Umfeld des Kapellendenkmals zu erfassen und kartographisch festzuhalten. Eine Interpretation kann nur im Rahmen der angewandten Methode erfolgen. Die Ergebnisse sind aber ohne Zweifel Ausgangspunkt für nachfolgende Untersuchungen.

Historisch überlieferte Standorte

Das Martinspatrozinium in Fürth ist erstmals für das Jahr 1323 belegt. Die Ruine, die der Kupferstecher Johann Alexander Boener abbildet, kann von der baulichen Analyse frühestens in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts datiert werden. Berichte über eine karolingische Königskirche entstammen der Legendenbildung um die historische Schiffsreise Karls des Großen auf der Rednitz vom Karlsgraben bei Treuchtlingen bis nach Würzburg im Jahre 793.


Es gibt vier kartographische Hinweise auf den Standort der „Martinskapelle“. Nur die beiden ungenauesten Kartierungen von 1705 und 1789 zeigen eine eindeutige Bezeichnung und die zweite der beiden steht obendrein im Verdacht als nachträgliche Platzierung einer Untersuchung aus dem Jahr 1788 eingetragen worden zu sein. Diese vom Chronisten Fronmüller 1871 näher geschilderte Untersuchung beschreibt den Fund einer Gruft, „ein langes Gerippe, einen silbernen Gürtel und ein silbernes Paternoster“. Ein großer Grabstein hatte auf seiner Innenfläche die Gestalt eines Geistlichen mit Kelch eingehauen und war mit einer Inschrift versehen:

"Ulricus Centgräf plebanus in Furth,
 obiit in Nomine Domini anno MCCCLXXIII
 VI Kalend. Jul. ….. Gertrud ….."


Fronmüller betont, dass sich der Pfarrer in der St. Martinskapelle hatte begraben lassen, macht aber keine Angaben, wo diese Kapelle gestanden hat und verlässt sich hier auf mündliche Überlieferungen. Schon im Jahre 1679 nahm Pfarrer Carl Friedrich Lochner durch Hörensagen an, dass es sich bei einer Ruine im Wiesengrund um die „mutmaßlich in dem Markgräf(lichen) Krieg zerstörte St. Martins Capell“ gehandelt habe. Er beantragte bei seiner Vorgesetztenbehörde, dem Nürnberger Landalmosenamt, den Abriss der baufälligen Überreste. Die Durchsicht der Akten hat aber keinen Hinweis „zu mehrangeregter Capell“ ausfindig machen können.


Die Kapellensignatur im Plan von Johann Georg Vetter aus dem Jahr 1717 wird allgemein nur den Gemeindehäusern zugeordnet und ist in der Legende nicht einmal erwähnt, während ein Ruinenfähnchen im Urkataster von 1822 in der Umrechnung der Maßeinheiten auf den Standort des heutigen Polizeipräsidiums hindeutet.


Die Stelle des 1855 errichteten Denkmals geht wohl auf Nachgrabungen des Jahres 1843 zurück, die „keine Ergebnisse“ erbrachten. Dennoch ist aus dieser Untersuchung die Angabe von 55 Fuß Seitenlänge eines Gebäudes überliefert. Im 2. Weltkrieg wurde das Denkmal anscheinend durch einen Bombenangriff auf die Maxbrücke zerstört und 1983 vom Lions Club Fürth wieder hergerichtet.


Die Flurbezeichnung „Kaeppelesanger“ im Urkataster hilft auch nicht weiter, weil hier ein reiner Zugehörigkeitsname vorliegen kann, vollkommen unabhängig vom eigentlichen Standort der Kapelle. Außerdem hat es schon immer eine Reihe von Pfarrwiesen in der Rednitz/Regnitzaue gegeben.

Patronat

Besonders kompliziert ist das Patronatsverhältnis von der Mutterkirche in Fürth zur Tochter St. Lorenz in Nürnberg. Das Vorgängerpatrozinium der Lorenzkirche lautete „Zum Heiligen Grab“ und weist damit auf die Heilig-Grab-Kapelle auf dem Kirchenplatz als Mutterkirche hin. Das Martinspatrozinium einer Grabkapelle ist in unserer Gegend bisher nur von der Dornberger Grabkapelle in der Nähe der Stiftskirche St. Gumbert in Ansbach bekannt, ansonsten gibt es mittelalterliche Kaufmannskirchen (Amberg) und Hospitalkapellen.

Geophysikalische Prospektion

Mit Hilfe verschiedener geophysikalischer Verfahren ist man heute in der Lage, Objekte und Strukturen im Untergrund zerstörungsfrei, d.h. ohne Grabungen, zu erkennen. Bei der hier angewandten Magnetometerprospektion werden geringe, lokal begrenzte Abweichungen des Erdmagnetfeldes unter der Oberfläche, wie sie etwa durch menschliche Eingriffe in den Boden entstehen, gemessen und liefern, grafisch aufbereitet, einen Einblick in Strukturen des Untergrundes.


Durch Auswertung von Form, Stärke und Bezug dieser so genannten Anomalien zur Geländemorphologie lassen sich Rückschlüsse auf den Befund gewinnen. Durch Einmessen auf absolute Koordinaten ist eine sehr präzise Ortung möglich.

Befund

Untersuchungsfläche (blau) und Fundamentreste (rot) bei der Kapellenruh

Das erste Messfeld (blau umrahmt) von 150 x 100 m schloss den Bereich des Denkmals mit ein, der durch seinen Baumbestand selbst nicht erfasst werden konnte. In einem Abschnitt zwischen 2 und 20 m westlich des Weges neben dem Denkmal und 75 – 95 m nördlich der Scherbsgrabentraße konnte eine in sich rechteckige Struktur (rot makiert) ermittelt werden mit den Seitenlängen von 8 x 18 m, die sich von Nordwest nach Südost erstreckt und im Südosten stark gestört zu sein scheint. Unter Berücksichtigung historischer Maße, nach denen ein Nürnberger Fuß/Schuh genau 30,379 cm ausmacht, hätte hier ein Gebäude – soweit erkennbar – mit 26 x 59 Fuß Grundfläche gestanden. Diese Umrechnung liegt sehr nahe bei den Angaben von 1843, dass anzunehmen ist, dass hier der Befund aus diesem Jahr vorliegt. Ob es sich dabei um eine Kapelle handelt, muss allerdings offen bleiben, weil die geographische Ausrichtung im Verhältnis zu alten, gesicherten Kirchenbauten zu unterschiedlich und eine für solche Steinbauten übliche Apsis nicht vorhanden ist.

Literatur

  • W. Deinhard, Fürths älteste kirchliche Verhältnisse. Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 8, 1935, S. 215-220.
  • Fronmüller, Chronik der Stadt Fürth, 1985 (Nachdruck v. 1887), S. 20, 269 und 301 f.
  • E. v. Guttenberg, Die Königskirche in Fürth und die Bedeutung für die Südgrenze des Bistums Bamberg. in: 66. Jahresbericht des historischen Vereins für 1930, S. 125-143.
  • J. Hoffmanns, Die Fürther St.-Martins-Kirche 1679, in: Fürther Heimatblätter 39. Jg. 1989/1, S 46-47.